Auferstanden aus Ruine

Es begab sich Anfang 2007, dass ich mit meinem 78er 911 SC einen Unfall hatte. Vorher sah er so aus:

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Danach so:

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Nach reiflicher Überlegung war der Wiederaufbau beschlossene Sache. Bei dieser Gelegenheit sollte nach Möglichkeit auch noch etwas abgemagert werden (das Auto, nicht ich). Neben einigem anderem standen Stoßstangen vorne und hinten sowie der linke vordere Kotflügel unfallbedingt zum Austausch bzw. zur Lackierung an. Da kann man doch Motor- und Kofferraumhaube gleich mitmachen, den rechten Kotflügel auch...
Also los und nach GFK-Teilen suchen. Hauben und Kotflügel – no problem. Aber Stoßstangen/Frontschürzen im Original-Look, also ohne Spoiler?

Gefunden wurden:

  • GFK-Spoilerstoßstangen im 3.0 RS-Look, dazu passende „minimierte“ Heckstoßstangen. Für meinen Geschmack zu weit weg vom Originallook, auch wirkt das Auto mit dem Frontölkühlerkasten irgendwie zu kopflastig.
  • Für vorne gab es auch Nachbauten der G-Modell Frontstoßstange mit einlaminierten „Gummiteilen“, noch früher gab es dazu passende Heckstoßstangen. Auch nicht so toll, man hätte dann die „minimierte“ Heckstoßstange irgendwie wenigstens Teilweise mit Gummi versehen müssen um ein stimmiges Bild zu erhalten. Außerdem ist das mit dem „GFK-Gummi“ optisch schon grenzwertig...
  • Last not least die Ruf CTR Optik: Vorne eine Art Vorwegnahme des 964 (oben waagerecht, nach unten einen Viertelkreis bildend), hinten eine minimierte Heckstoßstange mit Belüftungsschlitzen – gefällt mir leider überhaupt nicht.
     

Als Wunschlösung kristallisierte sich „minimierte“ G-Modell Stoßstange vorne und hinten heraus, ohne Spoiler und Ölkühlerkasten. Gab’s aber nicht. Dann kam noch der Gedanke auf, gleich auf 3.0 RS Optik zu gehen (gefällt mir sehr). Die turbobreiten Frontkotflügel ergeben mit dem wuchtigen Ölkühlerkasten wieder ein stimmiges Bild. Aber um einigermaßen dem Auftritt zu entsprechen, sollte so etwas schon über mindestens 250 PS verfügen, und unter den Füchsen müsste eine turbo 3,3 Bremsanlage hervorblinzeln. Aber das würde dann doch zu kostenaufwändig werden. Die Auflösung dieses schlafraubenden Dilemmas kam von den handelnden Werkstätten:

„Herr Rusvay, wir haben beschlossen, ein F-Modell daraus zu machen“, begrüßte man mich bei einem meiner unzähligen Besuche an der Baustelle, „wir brauchen das als Motivation“.

Wir pflegen seit Jahren einen herzhaft-vertrauten Umgang, und mehr als einmal wurde ich mit solchen „Beschlüssen“ sanft aber bestimmt überredet – wobei das Ergebnis immer zu meiner Begeisterung ausfiel. Aber das schöne Auto so grundsätzlich verändern?

„Schlafen Sie mal ne Nacht drüber, dann reden wir weiter.“

F-Modell...
Eigentlich wirken mir die doch etwas zu zierlich, und von vorne schauen sie je nach Blickwinkel etwas einfältig drein... während das G-Modell mit seiner Sachlichkeit und den ungeschminkt angebrachten Stoßstangen doch immer meine Lieblingsvariante war...
Andererseits ist die F-Optik die authentische, ursprüngliche Form. Und man kann die Schwellerverkleidungen weglassen, spart auch noch Gewicht...
Aber dennoch – die reine Lehre ist so ein Rückbau nicht. Also bin ich brav erst mal schlafen gegangen.

Wieder aufgewacht, habe ich mich dann doch mit der F-Optik angefreundet, nicht zuletzt, weil hier ein ordentliches Angebot an Leichtbauteilen in Originaloptik vorhanden war. Dass so ein Umbau beim Wiederverkauf kritisch sein kann, war mirr bewusst, ein (lohnender) Verkauf aber auch nicht das Ziel des Wiederaufbaus, sondern Spaß ander Freud‘. Doch dann kam die nächste Entscheidungsnot: Welche Variante?

  • Carrera 2.7 RS wird in solchen Fällen ja gerne genommen, aber erstens will ich keine Spoiler, und zweitens – wenn schon Fake, dann nicht auch noch Hochstapelei...
  • 2,5 ST, schon eine Versuchung. Breit ohne Spoiler (oder nur mit Minimallippe vorn), das hat was. Aber die Preise für die Teile sind deutlich höher als für „normale“ Breiten, und Understatement sieht anders aus...
  • RSR – kein Thema, siehe oben
  • 2,4 S, also mit Frontspoiler, allerdings nicht ganz da hinten zu breit oder ganz puristisch ohne Spoiler wie alle Modelle bis 71


Ich hatte mich für ganz ohne Spoiler entschieden und wollte sogar das Heck auf „schmal“ umbauen lassen. Hiervon riet man mir jedoch klar ab – mit Dreilitermaschine und hinten maximal 7 Zoll Felgen, das sei nix. Ich hab’s versucht, aber das war irgendwie nicht verhandelbar, zumal in Sachen Leistung das letzte Wort noch nicht gesprochen war.  Und dann musste ja auch noch die Farbentscheidung getroffen werden. F-Modell heißt ja eigentlich auch Chrom – aber das wäre mir zu teuer geworden. Im Gegenteil – konsequenterweise wollte ich alles mattschwarz haben, was sich nicht wehrt. Also auch Scheinwerferringe (bzw. weglassen), Rückspiegel etc. Was könnte da farblich passen?

Fast alle „gedeckten“ Farben wie Dunkelblau, braun, etc. und die meisten metallic-Töne fallen hier IMHO aus. Silber evtl.? Ist mir zu gewöhnlich. Gelb? Gefällt mir einfach nicht. Rot? Sieht in der angesprochenen Kombination „gebastelt“ aus wie auch mittlere Blautöne. Giftgrün? Hat die Nachteile von Gelb und Rot. Weiß? Stimmig, aber zu schmutzempfindlich.

Nun, da blieb nicht viel mehr übrig als – Orange. Hilfreich war bei der Entscheidung, dass ich mich daran erinnern kann wie mich als etwa 10-jähriger (=1971) ein Artikel, der von  einem 914/6 und einem 911 jeweils in Rennversion handelte, faszinierte. An den Inhalt kann ich mich nicht erinnern, wohl aber an die Fotos – beide Autos in diesem wundervollen, dramatischen orange! Wenn dieser Eindruck mir bis heute gegenwärtig ist, dachte der Laienpsychologe in mir, ist das sicherlich eine gute Entscheidungsgrundlage.

Das Ergebnis des Umbaus bzw. die Aktion an sich polarisiert. Sakrileg/Hochstapelei (bis-F-Modelle sind i. d. R. wertvoller als G und folgende) sagen die einen, anderen gefällt‘s. Mir auch ;-)

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